Von März bis September gibt es eine aktuelle Route, die ich abgehe und dann abends neue Bilder. Schau wieder rein!
[Hier] geht's zum letzten Eintrag.
Für Dich zum Lesen
Nach dem 18. November habe ich eine Winterpause eingelegt. Weil ich immer vormittags unterwegs war, wurd's schon empfindlich kalt bei der Arbeit mit Wasser und Reinigungsmittel.
Ich war irgendwie unzufrieden und ärgerte mich, daß ich erst so spät, zu spät, im Jahr gestartet hatte. Da ich da aber nichts mehr ändern konnte, freute ich mich einfach über "meine" 83 Steine, über viele Gäßchen und Straßen und die vielen Ecken meiner Stadt, die ich für mich neu entdeckt hatte.
Die Feiertage kamen, der Jahreswechsel, homeschooling und noch mehr Feiertage.
Das Leben war voll.
am 6. April bin ich wieder unterwegs, bis dahin für Dich ein schönes Frühlingsfest!
Es schneit, es ist windig und unangenehm kalt. Route 4 verschiebe ich auf nächste Woche. So ist es eben im Frühling; daß ich jetzt noch kein zuverlässiges Wetter habe, ist ja irgendwie klar. Und ich habe Zeit, niemand hetzt mich. Wenn ich drüber nachdenke, ist es gut, daß ich hier mal kurz ausgebremst werde. Ich erwische mich nämlich dabei, wie ich mich unter Druck zu setze. Als ob mir ein Abgabedatum für eine Arbeit im Nacken hängt. So soll das nicht sein, so möchte ich das nicht. Also bleib ich heute im Haus, koche Tee und lese. Bis bald!
Das Wetter will einfach nicht. Nach einem vielversprechenden Sonntag mit Sonne und Wärme hat es am Montag, meinem einzigen freien Tag bis zum nächsten Wochenende, wieder geschneit. Jetzt war ich schon zwei Wochen nicht mehr unterwegs. Ich versuche, am Samstag wenigstens einen Teil von Route 4 zu besuchen.
Neben neuen Bildern gebe ich Dir heute etwas zum Lesen. Am 19.April 1943 begann im Warschauer Ghetto ein Aufstand der dort gefangenen Juden. Die Aufzeichnungen darüber sind eine wichtige Erinnerung, erzählen sie doch vom Widerstand, Kampfgeist und Überlebenswillen der Menschen.
Heute möchte ich mit Dir, statt der Route 6, mal eine kleine Gedenkstätte besuchen. Sie befindet sich an der Kirche Sankt Vitus im Stadtteil Neuprüll.
In der Heil-und Pflegeanstalt Karthaus-Prüll, heute Teil des Bezirksklinikums Regensburg, starben zwischen 1940 und 1945 mindestens 1600 Menschen direkt oder indirekt im Rahmen der Sonderaktion T4.
2020 wurde dann zu der Installation noch eine Stolperschwelle verlegt. Soweit ich weiss, gibt es in Regensburg drei von ihnen; mit ihnen werden Opfergruppen gedacht.
(Klick auf die Bilder zum Vergrössern)
Auch die Steine von Sofie Firnbacher und Berta Benjamin bekamen eine Auffrischung, an dem Baustellenschild mit dem schweren Fuß musste ich vorbeiputzen.
Berta Benjamin wohnte hier mit Ihrer Tochter Frieda, ihrem Schwiegersohn Robert Koller und der Enkeltochter Else. Die Steine von Frieda und Robert sind in der Gesandtenstrasse (s. 12.Juli) verlegt, Else (lies hier ein Interview als PDF) wurde rechtzeitig in die USA geschickt und hat dort eine Familie gegründet.
Bloss ein paar Worte.
Letzten Montag musste ich endlich mal wieder dem Garten meine Zeit widmen. Die Montage sind die einzigen Tage der Woche, an denen ich mich in aller Ruhe zeitaufwändigen Projekten widmen kann. So müssen auch die Steine mal zurückstehen, wenn das Wildkraut hüfthoch steht.
Ob ich am nächsten Montag gehen kann, weiss ich noch nicht. So kalt es lange war, so heiss und für mich schlecht auszuhalten ist es aktuell. Ich entscheide das spontan.
Für den 24. Juni habe ich eine Einladung zur Verlegung neuer Stolpersteine erhalten. Das ist für mich sehr besonders und ich freue mich, dabei zu sein zu können.
Inzwischen sind fünf neue Steine verlegt worden, meine Zählung ändert sich ab jetzt. Den Titel der Website lasse ich aber so, denn mit 241 Steinen habe ich angefangen.
Route 10 habe ich wetterbedingt auf zwei Teile aufgeteilt, ich wollte vor der Mittagshitze wieder zu Hause sein.
Im Moment gehe ich meine Routen eher flexibel ab. Es sind ja Ferien und zuhaus startet ein kleines Renovierungsprojekt. Ich werde aber versuchen, in der Urlaubszeit viel bei den Steinen zu sein, damit ich Ende des Sommers dann alle gesehen habe. Dann wird es ja wieder kälter und letztes Jahr war ich viel zu oft durchgefroren, wenn ich heimkam...
Als ich anfing nach Stolpersteinen in meiner Stadt zu suchen, fand ich auf zwei Websites ausführliche Listen mit Namen und Adressen. Ich ging von identischen Inhalten aus und habe daher nur mit einer der beiden Listen gearbeitet. Jetzt, da nicht mehr viele Steine zum Putzen übrig sind, stelle ich fest, dass ich die 246 am Ende nicht zusammenbringe! Also werfe ich einen intensiven Blick auf Liste Nummer zwei und siehe da: weitere Namen! Ich mache mich nun auf die Suche nach weiteren Quellen denn ich möchte nur ungern Namen übersehen. Die neu gefundenen Namen werde ich in einer extra Route anhängen.
Das Kind kam heute zu mir und sagte: "Mama, die Sonne scheint, geh Steine putzen!". Also habe ich heute die Steine kennengelernt, die ich auf Liste 2 gefunden habe. Und ich war an den beiden Baustellen aus April um zu schauen, ob sich was getan hat...
In den letzten Tagen habe ich mir den Kopf zerbrochen, wieso meine Zählung mit den Listen, die ich zur Hand hatte, nicht übereinstimmt. Also habe ich zwei eigene Listen erstellt: Eine, auf der die Namen nach Routen sortiert sind und eine mit den Namen in alphabetischer Reihenfolge. Diese Listen habe ich mit den Listen aus dem www abgeglichen, habe vorwärts und rückwärts gezählt, verglichen, gezählt und nochmal gezählt. Was ich gefunden habe:
Es gibt eine weitere Liste mit 33 Namen, die zu der Stolperschwelle in der Weißenburgstrasse gehören.
Es gibt eine Person, die zweimal genannt wird, einmal auf einem Stein, einmal in der Liste einer Schwelle.
Es gibt zwei Personen, die jeweils einen zweiten Stein haben, was ich bereits wusste, mich beim Zählen aber durcheinander brachte.
Es gibt Namen, die zwar doppelt vorkommen, aber auch tatsächlich zwei Personen meinen.
Bis ich das erkannt und auseinandergezwirbelt hatte, hatte ich nach ungezähltem Abhaken und Streichen am Ende immer wieder unterschiedliche Zahlen! Zum Verzweifeln!
Nun, verehrtes Lesery, es sieht nun so aus, als wären in dieser wunderschönen Stadt 245 Steine verlegt worden, davon 3 Stolperschwellen!
Neu
Und nun bin ich wohl am Ende meines Projektes angekommen. Für dieses Jahr.
Zwei der 245 Steine konnte ich leider nicht putzen. Bei Senta Gutmann ist immer noch eine Baustelle. Georg Hufnagel konnte ich nicht finden, vielleicht parkte ein Auto auf dem Stein, wer weiss.
Der Plan ist, die Touren im nächsten Frühjahr wieder zu starten.
Ich versuche mich an einigen abschliessenden Zeilen, stosse da aber auf zwei Probleme: 1. Meine Gedanken zu diesem Thema sind zu viele, zu schnell und lassen sich nicht einfangen, weshalb ich auch oft, angesprochen auf die Stolpersteine, nur verlegenes Stammeln präsentiere. 2. Mein Schreibtalent ist mässig, ich finde schlecht zu einer Struktur. Trotzdem möchte ich an dieser Stelle ein paar Worte hinterlassen.
Ich danke für das, was ich habe, für meine Möglichkeiten, für Neuentdecktes und für die Erkenntnis, wie schnell sich alles ändern kann.
Mit dem Reinigen eines Steins habe ich das Gefühl, mich um diesen Menschen zu kümmern und die Erinnerung an ihn zu wecken.
Diese Menschen, deren Namen auf den Steinen, Schwellen und Gedenktafeln stehen, haben ein Leben in unserer Gesellschaft geführt. Haben in Wohnungen oder Häusern gelebt, mit Ihren Familien, Ihren Eltern, Kindern, Grosseltern. Hatten Nachbarn, Freunde, waren Mitglieder in Vereinen.
Diese Menschen waren Angestellte, Arbeitende, Hauswirtschaftende, Mediziner*innen, Selbständige.
Diese Menschen haben Karten gespielt, Fussball, Klavier und Geige. Diese Menschen waren glücklich, traurig, haben Geburtstage gefeiert und Jahresfeste. Diese Menschen hatten Haustiere, Hunde, Katzen, Graupapageien und Kaninchen.
Diese Menschen hatten Leidenschaften, Abneigungen, mochten lieber Tee als Kaffee, Erdbeermarmelade statt Honig. Sie bewirtschafteten ihren Garten, ihren Hof oder pflegten die Blumen auf dem Balkon.
Diese Menschen lebten ihr Leben unter Menschen, die ihr Leben lebten.
Bis sich etwas änderte. Dann war das Leben, das sie lebten, vorbei.
Die Sicherheit, in der wir leben, ist nur stabil, wenn wir wachsam sind.
Denn die Namen auf den Steinen gehören nicht nur jüdischen Mitmenschen, sondern auch Zeugen Jehovas, Konvertiten, LGBTQIA+, Geistlichen, politisch Aktiven, Menschen mit seelischen und körperlichen Erkrankungen und Einschränkungen, Kunstschaffenden.
Und es trifft nur so lange die anderen, bis es einen selbst trifft. Wenn wir nicht anschauen, was war, werden wir zu spät erkennen, was kommt!
"Erinnern tut weh. Es löst Entsetzen aus und lässt uns verstummen und aufschreien zugleich. Sich den bedrückenden Wahrheiten unserer Geschichte zu stellen, ist unverzichtbar. Dazu verpflichten uns die Opfer, ihre Angehörigen und Nachkommen. Aber es ist auch für uns selbst notwendig, damit wir den unauflöslichen Zusammenhang von Erinnerungs- und Zukunftsfähigkeit begreifen." (Rita Süßmuth, Präsidentin des Deutschen Bundestags a.D.)
Shalom.